Der französische Nordwesten ist eine raue Gegend. Hier verlieren die Menschen nicht viele Worte, dafür ein Vater und sein Sohn das Leben. „Bretonische Verhältnisse“ von Jean-Luc Bannalec ist ein glänzender Krimi, der vor grandioser Kulisse zeigt, dass Habgier ganze Familien zerstören kann.

Das Finistère trägt seinen Namen nicht umsonst. Vom lateinischen „finis terræ“ leitet sich der Begriff ab für jenes Kap und Département im äußersten Nordwesten Frankreichs: Ende der Welt. Es ist eine raue Landschaft mit zerklüfteter Küste, an der sich im Herbst und im Winter der Atlantik rasend bricht.

Im Frühjahr hingegen ist die Bretagne lieblich, im Sommer kann einem die Hitze schon mal den Schweiß aus den Poren treiben. Da trifft es sich gut, dass Kommissar Georges Dupin, vor drei Jahren von Paris ins Finistère nach Concarneau strafversetzt, ein ziemlich cooler Typ ist.

Eine dubiose Familiengeschichte

Dupin ist kein Menschenfeind, aber die meisten seiner Artgenossen mag er einfach nicht. Sympathien hegt er für den Besitzer des Restaurants, in dem er gern sein Entrecôte verzehrt, darüber hinaus schätzt er Riwal (einer seiner beiden Inspektoren), seine Sekretärin Nolwenn und – ganz aktuell in diesem Fall – Marie Morgane Cassel, Kunstexpertin aus Brest, die Dupin hinzuziehen muss. Denn es geht in diesem Krimi am herrlichen Ende der Welt um Kunst. Ganz große Kunst. Es geht um ein bislang unbekanntes Gemälde von Paul Gaugin.

Cover: "Bretonische Verhältnisse" von Jean-Luc Bannalec (c) Kiepenheuer & Witsch

Cover: „Bretonische Verhältnisse“ von Jean-Luc Bannalec (c) Kiepenheuer & Witsch

Der alte Hotelier Pierre-Louis Pennec ist in seinem Gasthof ermordet worden, Dupin und sein Team ermitteln. Der brummige Pariser Polizist wirkt zu Beginn unnahbar, ja fast misanthropisch, was sich natürlich nicht bessert, als er merkt, dass er mit den Befragungen in Pont Aven – ein kleiner Ort bei Concarneau – nicht wirklich weiterkommt.

Die Leute mauern, geben sich ahnungslos. Ein erster Durchbruch scheint zu glücken, als Pennecs dubioser Halbbruder anreist, ein Lokalpolitiker aus dem Süden, seit Jahren mit Pierre-Louis zerstritten. Dupin wittert hier ein Motiv, aber er kann es nicht richtig greifen.

Doch kein Miesepeter aus der Großstadt

Der Fall erfährt eine drastische Wendung, als kurz nach dem alten Pennec auch dessen Sohn Loïc ums Leben kommt. Aber wurde der Junior wirklich umgebracht? Seine trauernde Witwe Catherine ist Dupin bei den Ermittlungen keine Hilfe, und auch Frédéric Beauvois, ein Freund von Pierre-Louis und obendrein Direktor des örtlichen Kunstmuseums, gibt sich zugeknöpft. Erst eine ungeheure Entdeckung im Hotel des alten Pennec bringt Dupin auf die richtige Spur.

Bannalec bringt uns Dupin immer näher im Fortgang des Romans, aus dem eingangs scheinbar miesepetrigen Großstädter macht er einen immer sympathischeren Kerl, der seine neue Heimat doch ganz gern hat.

Der Fall selbst ist nicht zu komplex gehalten, was dem Buch sehr gut tut, es erfährt seine Spannung nämlich nicht nur aus der Kriminalgeschichte selbst, sondern auch aus ihren Figuren – allen voran Dupin. Ein prima Lesevergnügen, diese „Bretonischen Verhältnisse“.

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