Die Entdeckung der Liebe
Ein Junge ohne Freunde, dafür mit einer Kamera, mysteriöse Vorkommnisse und niemand, der ihn versteht – klingt ein bisschen wie „Das Fenster zum Hof“ von Alfred Hitchcock. Aber Jan ist nicht James Stewart, und Claudia nicht Grace Kelly. Das wäre aber auch zu dick aufgetragen. So nämlich decken die Jugendlichen seltsame Dinge in der Nachbarschaft auf – und sie entdecken auch einander.
„Über die Erhabenheit toter Katzen und das Umwerben trauriger Mädchen“ von Philipp Multhaupt
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Als Schriftsteller, der zur Welt kam, als die innerdeutsche Mauer gerade fiel, geraten wir Leser bei Philipp Multhaupt nicht in die Gefahr, ein weiteres Wende-Buch lesen zu müssen. Nicht falsch verstehen: Die hatten alle ihre Berechtigung. Aber irgendwann ist auch mal gut. Dennoch hat Multhaupt ein Problem. Der gebürtige Detmolder hat mit seinen jungen Jahren schon viel Ansehen zu verteidigen, weil er mit seinem Debütwerk „Herrn Murmelsams Fieberträume“ die Messlatte ganz schön hoch gelegt hatte.
Faible für leblose Stubentiger
Nun also „Über die Erhabenheit toter Katzen und das Umwerben trauriger Mädchen – Eine Detektivgeschichte“. Oder eine Geschichte über die Liebe? Das Schöne an diesem Buch ist, das darf man vorneweg sagen, ohne zu viel zu verraten: Es kann beides sein oder nichts oder noch viel mehr. Protagonist ist Jan, etwa 14 Jahre alt, von seinen Eltern ein bisschen allein gelassen, es geht recht lieblos zu zu Hause. Da verwundert es auch nicht besonders, dass Jan mit seiner Kamera am liebsten tote Katzen fotografiert.
Überaus rätselhaft ist aber, weswegen auf den entwickelten Bildern später andere Motive zu sehen sind! Weil gleichzeitig Sankt Thomas stirbt, die unheilvolle Nachbarskatze, und dazu noch ein grotesker Cowboy auftaucht, nimmt die Sache einen krummen Lauf, den Jan allein bestehen muss – dachte er zumindest. Bis ihm Claudia über den Weg läuft, ein Mädchen aus seiner Klasse, das sehr depressiv und traurig ist, aber so ziemlich der erste Mensch auf der Welt, der Jan versteht. Jetzt gibt es für die Beiden kein Halten mehr. Gemeinsam machen sie sich daran, all die Mysterien zu knacken, die um sie herum existieren.
Die Wucht der Selbstverständlichkeit
Abgesehen von einer ziemlich guten Story sind es in erster Linie die Figuren, die diese Novelle so lesenswert machen. Multhaupt lässt sie mit einer Selbstverständlichkeit agieren, die den Leser mit einer besonderen Wucht trifft. Bizarre Menschen darzustellen, die bizarre Dinge unternehmen, ist ganz offensichtlich Multhaupts Stärke. Nicht, dass anderswo Schwächen lägen – aber diese Stärke hebt das Buch doch deutlich heraus.
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Unterm Strich ist „Über die Erhabenheit toter Katzen und das Umwerben trauriger Mädchen“ eine sehr, sehr gute Geschichte über unsichere Jugendliche, die ersten zarten Knospen der Liebe und die Zerbrechlichkeit junger Menschen in der Realität der Erwachsenen, die sich nicht für sie interessieren.
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