„Totenlied“ von Tess Gerritsen: Melodie des Bösen
Musik verbindet seit jeher Menschen aus der ganzen Welt und ist Ausdruck von Weisheit und Leidenschaft. Sie wäscht die Seele von Sorgen rein und lässt unser Leben facettenreicher erscheinen. Doch wenn auch diese Kunst unsere tiefsten Gefühle zu berühren vermag, so entspringt doch nicht jede Zeile aus den Wurzeln des Guten. Wer immer sein Meisterstück gefunden hat, sollte stets bedenken, dass nichts die Vergangenheit so sehr wachrufen kann, wie die Musik. Diese Lehre hat sich auch Tess Gerritsen in ihrem jüngsten Thriller „Totenlied“ zu Eigen gemacht.
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Julia scheint am Ziel ihrer Träume und lebt ihre Leidenschaft zur Musik. Daher kann sie auch nicht widerstehen, als sie eines Tages ein mysteriöses Notenbuch in einem alten Antiquariat findet. Ganz besonders hat es ihr dabei das Musikstück „Incendio“ angetan. Doch als sie das besondere Werk zu Hause nachspielt, beginnt ihre kleine Tochter sich auf unheimliche Weise zu verändern. Als niemand der jungen Mutter Glauben schenken will, reist sie schließlich nach Venedig, dem Ursprung eines dunklen Geheimnisses.
Wenn Musik ihre ganz eigene Macht ausübt
Julia hat alles, was man sich nur wünschen kann. Sie ist Musikerin aus Leidenschaft, hat einen treusorgenden Mann und zudem eine süße kleine Tochter namens Lilly. Auf einer Konzerttour in Rom stöbert die junge Frau in einem kleinen Antiquariat und stößt dabei auf ein altes Notenbuch mit Zigeunerliedern. Zwischen den Seiten findet sie ein handgeschriebenes Stück mit dem Namen „Incendio“, das sie sofort in den Bann zieht. Überzeugt von der Besonderheit des Werkes, kauft die junge Frau das Notenbuch zu einem überteuerten Preis und tritt zufrieden die Heimreise an.
Wieder in Boston angekommen, zögert Julia nicht lange und spielt die ersteigerte Walzerkomposition sofort auf ihrer Geige nach. Doch dies soll nicht ohne Folgen bleiben. Denn das Musikstück scheint gar unheimliche Auswirkungen auf ihre 3-jährige Tochter zu haben, die sich zusehends verändert und sogar aggressive Züge annimmt.
Voller Sorge weiht Julia ihren Mann ein und zieht sogar einen Arzt für ihre Tochter zu Rate. Doch niemand scheint der jungen Frau Glauben zu wollen. Ist „Incendio“ tatsächlich für die unheimlichen Wesenszüge der kleinen Lilly verantwortlich oder ist es gar Julia, die ihren Verstand zu verlieren droht?
Julia wird immer verzweifelter und sieht in ihrer Not nur eine Lösung: Sie muss zurück nach Italien und den ehemaligen Besitzer des Notenbuches ausfindig machen. Also macht sie sich auf den Weg nach Venedig, nicht ahnend, welche Wurzeln das mysteriöse Buch wirklich hat.
„Totenlied“: Das Grauen hat viele Gesichter
Mit „Totenlied“ hat Tess Gerritsen einen Thriller der ganz besonderen Art geschaffen. Beginnt die Geschichte zunächst noch langsam und mit leisen Schritten, macht sich doch spätestens in dem verwunschenen Antiquariat ein subtiles Gefühl des Unbehagens breit. Dank des flüssigen Schreibstils nimmt das Geschehen immer mehr an Fahrt auf, bis sich der Leser den Zeilen nicht mehr entziehen kann.
Eine interessante Besonderheit des Romans sind zudem die zwei Zeitebenen, derer sich die Autorin bedient. Während der Leser in der Gegenwart atemlos die verzweifelte Julia auf ihrer Suche nach der Wahrheit begleitet, entführt die Autorin den Leser in einem anderen Handlungsstrang in das Venedig während des zweiten Weltkrieges. Im Fokus des Geschehens ist dabei der junge Lorenzo, ein talentierter Geigenspieler, den ein trauriges Schicksal ereilt.
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Stück für Stück werden beide Handlungsstränge miteinander verwoben und vereinen sich schließlich zu einem spannenden wie auch berührenden Finale. Mit sorgfältiger Recherche und feiner Beobachtungsgabe schildert Tess Gerritsen dabei das Grauen, das im zweiten Weltkrieg auch vor italienischen Juden nicht Halt gemacht hat.
Fazit: Spannend und bewegend
Mit „Totenlied“ präsentiert Tess Gerritsen ihren Lesern ein ebenso spannendes wie bewegendes Buch, das sowohl durch seine Thriller-Elemente als durch seinen authentischen geschichtlichen Hintergrund überzeugen kann. Zweifelsohne lässt sich das Buch nicht eindeutig als typischer Triller klassifizieren, sondern steht vielmehr als Werk für sich, das noch lange zum Nachdenken anregt.
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