Heinz Strunk ist der Meister der autobiografischen Geschichten, die zwischen schreiend komisch und melancholisch pendelnd seit Jahren eine riesige Fangemeinde begeistern – mit „Der Goldene Handschuh“ liegt jetzt ein neues Meisterwerk vor.

„Der Goldene Handschuh“: Hansestadt von unten

Sein Debüt „Fleisch ist mein Gemüse“ ist unübertroffen, was den bitteren Humor betrifft, die späteren Bücher, wie „Fleckenteufel“ und „Junge rettet Freund aus Teich“, sind eher etwas düsterer geraten. Mit „Der Goldene Handschuh“ verlässt er nun erstmals seinen eigenen Kosmos und nimmt den Leser mit in das Hamburg der 70er-Jahre.

Cover "Der Goldene Handschuh" von Heinz Strunk (c) Rowohlt

Cover „Der Goldene Handschuh“ von Heinz Strunk (c) Rowohlt

Die titelgebende Lokalität ist eine 24-Stunden-Kneipe, in der sich der Bodensatz der Gesellschaft trifft. Kranke, Verwahrloste, Zuhälter, Kriminelle und Opfer aller Art geben sich hier dem Vollrausch hin, dem Absturz ohne Ende. Und wer nicht aufpasst, erwacht ohne Hose oder Schuhe. Ohne Geld sowieso.

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Der Goldene Handschuh ist auch das Stammlokal von Fritz „Fiete“ Honka, einem Schwerstalkoholiker mit zerstörter Kindheit und kaputtem Leben. Er gehört zum Inventar, hat es sogar geschafft, einen Spitznamen zu erhalten, was eine Art Ritterschlag darstellt, reiht sich aber in der Kneipen-Hierarchie in den unteren Etagen ein.

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Sein Geld verdient er mit harter Maloche, und wenn es der Suffpegel zulässt, geht er auf Brautschau. Dabei gibt es für ihn kein großes Auswahlprinzip, er nimmt jede, die er kriegen kann. Und das sind nicht die Gesunden und Schönen. Je tiefer der Leser in das Leben von Fiete blicken kann, desto gruseliger und abgründiger werden die Bilder, die sich vor dem geistigen Augen auftun.

Abgründe ohne Ende

„Der Goldene Handschuh“ entführt in eine kaputte, abgrundtief verdorbene Welt, in der Schönheit und Liebe vollkommen fehlen. Dabei beschränkt sich der Schrecken allerdings nicht allein auf die Gestrauchelten und Gefallenen. Heinz Strunk flicht immer wieder Parallelgeschichten aus der Welt der Reichen ein, bei denen zwar Geld und Luxus zu Hause sind, aber in deren Inneren eine absolute Schwärze herrscht.

Fazit: Literarisch ist „Der Goldene Handschuh“ Strunks bisher bestes Buch, auch weil es ganz anders ist, als die anderen. Es ist deprimierend, erschreckend, schmutzig und doch merkt man den Stil des Autors immer wieder. Selbst im absoluten Grauen steckt noch ein kleiner Funke Humor und die Sprache ist superb.

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Sicherlich ist es kein eBook für den Sommerurlaub und definitiv keines für Harmoniesüchtige. Wer sich aber gerne auf abgründige Geschichten einlässt, wird hier (s)ein Meisterwerk finden.

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