SiDiM vs. DRM: Neuartiger Kopierschutz schreibt eBooks um
Sichere Dokumente durch individuelle Markierung, oder kurz SiDiM, nennt das Fraunhofer Institut eine neue Kopierschutz-Alternative für eBooks, die Texte umschreiben soll, damit man etwaige Kopien im Netz zum Verbreiter des Textes zurückverfolgen kann. Das Ganze soll Piraterie im eBook-Sektor eingrenzen, indem Piraten durch die Rückverfolgbarkeit eingeschüchtert werden.
DRM-Alternative SiDiM: eBooks verändern „respektlos“
Zwar ist es nachvollziehbar, dass Autoren und Verleger für ihre harte Arbeit auch entsprechend entlohnt werden. Die Idee, Teile eines literarischen Werkes zu diesem Zweck umzuschreiben, erscheint mir allerdings einigermaßen bizarr. Wenn ich mir einen Roman kaufe, dann doch, weil ich die Sprache des Autors schätze oder zumindest hoffe, dies zu tun. Um ein eBook wirkungsvoll auf die beschriebene Art und Weise zu markieren, müssten an einigen Stellen unterschiedliche Veränderungen vorgenommen werden. Ein deutlicher Eingriff in das Werk wäre die Folge. Als Beispiel für Änderungen zählt man beispielsweise geänderte Reihenfolgen bei Aufzählungen auf. „Haus, Auto, Garten“ könnte zu „Garten, Haus, Auto“ werden. Auch könnten laut einem Evaluierungsbogen (PDF-File) Verneinungen variiert werden. Aus „nicht denkbar“ würde so „undenkbar“. Auch wenn die Veränderungen nicht groß sind, ist jede Abweichung vom Originaltext des Autors letztlich ein Eingriff in sein Werk. Würde man Teile der Mona-Lisa verändern, gäbe es sicherlich auch einen Aufschrei, denn es erscheint nicht zuletzt respektlos.
Bei wissenschaftlichen Texten entstände anstatt eines ästhetischen Problems ein ganz praktisches. Wie sollen Wissenschaftler vernünftig aus Texten zitieren, wenn es von einem Satz womöglich unzählige Varianten gibt? Bemerkenswerterweise wird das SiDiM-Projekt vom Bundesministerium für Wissenschaft und Bildung gefördert. Andererseits scheint die korrekte Kennzeichnung von Zitaten bei einigen Politikern auch keine große Wichtigkeit zu haben. Neben dem Staat ist erschreckenderweise mit der MVB GmbH auch die Wirtschaftstochter des Börsenvereins des deutschen Buchhandels ein Partner des Fraunhofer-Projektes.
SiDiM: Keine konkreten Hinweise auf eBook-Einsatz
Allerdings müssten die erwähnten Veränderungen vermutlich auch erst vom jeweiligen Autor eines Werkes genehmigt werden. Ansonsten könnte es sich um eine Verletzung der Autorenrechte handeln. Zugegeben, der Autor eines im Auftrag eines Verlages erstellten Selbsthilfebuches wird sich unter Umständen nicht daran stören, wenn ein paar Sätze umgebaut werden, solange keine Sinnentstellung vorliegt. Ein Schriftsteller, der sich auf den Spuren von Joyce oder etwa Nabokov wähnt, könnte einer Veränderung seiner Texte in Abwesenheit inhaltlicher und ästhetischer Zwänge allerdings eher abweisend gegenüberstehen. Immerhin gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine konkreten Hinweise darauf, dass die Idee des Fraunhofer Instituts tatsächlich in naher Zukunft bei eBooks eingesetzt wird.
Allerdings soll es laut AKEP-Sprecher Steffen Meier bereits Testläufe mit ersten Autoren geben, wie Johannes von Lesen.net schreibt. Dort finden sich auch weitere Unmutsäußerungen aus Autorenkreisen zu SiDiM.
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