Wasserzeichen im eBook – Theorie und Praxis für Self-Publisher von Matthias Czarnetzki [Gastartikel]
Nachdem Poppy J. Anderson feststellen musste, dass einige ihrer Facebook-„Freunde“ die kostenlos für Rezensionen oder als Gewinnspielpreise erhaltenen eBooks über geschlossene Gruppen munter weiter verteilten, ist unter den Autoren die Besorgnis gestiegen, wie sie sich gegen diese Form der eBook-Piraterie schützen könnten.
Und nun Totalverweigerung?
Eine Totalverweigerung – also weder Buchbloggern Rezensionsexemplare abzugeben, noch die eigenen Bücher als Preise für Gewinnspiele zur Verfügung zu stellen – ist kontraproduktiv; schließlich möchtest du ja, dass deine Bücher bekannt und gelesen werden und außerdem ist der größte Teil der Leser ehrlich.
Die Lösung, Gutscheine auszustellen und die Bücher über die entsprechenden Shops kaufen zu lassen (wo sie über das DRM-System des jeweiligen Anbieters geschützt werden), erhöht den Aufwand auf beiden Seiten und wirkt auf den Leser nicht gerade sehr entgegenkommend.
Die Lösung: ein Wasserzeichen
Ich halte ein personalisiertes eBook immer noch für eine gute Lösung. Es ist relativ leicht herzustellen (wie, wird unten beschrieben) und das resultierende eBook bleibt aber auf allen Geräten lesbar – ein Vorteil, den die meisten harten Kopierschutzmaßnahmen nicht haben.
Was ist ein (digitales) Wasserzeichen?
Gemäß der Wikipedia-Definition ist ein digitales Wasserzeichen eine technische Markierung, die werkbezogen und meistens nicht wahrnehmbar ist. Das Wasserzeichen dient dabei nicht als Kopierschutz, sondern ermöglicht die Urheberrechtsverletzungsverfolgung (ich entschuldige mich für das Wortmonster, aber es steht so im Artikel) anhand der eingebrachten Informationen.
Es gibt zwei Arten von Wasserzeichen: sichtbare und nicht sichtbare. Nicht sichtbare sind zum Beispiel zusätzliche Informationen in den Metadaten eines eBooks, die Rückschlüsse auf den Besitzer zulassen. Taucht zum Beispiel ein eBook in einer Tauschbörse auf, kannst du sofort feststellen, welchem Rezensenten du ursprünglich das Buch gegeben hast. Juristisch gesehen könnte diese Person dann schadensersatzpflichtig sein.
Eine unauffälligere Methode ist es auch, bestimmte Worte und Formulierungen in dein Buch einzubringen und dir zu merken, wem du welches Exemplar gegeben hast. Es wird gemunkelt, dass die Leipziger Stadtverwaltung in Beschlussvorlagen für den Stadtrat Tippfehler und unterschiedliche Synonyme einbaut, um herauszufinden, welcher der Herren mit der Presse spricht und warum sich gewisse Korruptionsvorwürfe nicht so heimlich, still und leise unter den Tisch kehren lassen, wie es angenehm wäre.
Die dritte Methode ist eine offensichtliche Personalisierung. Also ein Vermerk auf der Titelseite oder eine Extra-Seite, wem dieses spezielle Buch gegeben wurde. Ob es damit noch streng genommen zu den Wasserzeichen gehört, die ja eher versteckt angebracht sind, darüber lässt sich streiten.
Je nachdem, wie man diese Personalisierungsseite gestaltet, wirkt sie aber doch als Schutz vor Weitergabe an Dritte. Aber nicht auf der technischen Ebene, sondern auf einer sozialen: Ein signiertes Buch ist für den Leser etwas ganz Besonderes. So habe ich alle Bücher von Terry Pratchett und verleihe sie auch gern – bis auf eins: die Hardcoverausgabe von The Truth. Für mich eins seiner besten Bücher. Ich verleihe es aber nicht, weil es signiert ist. Meine Frau darf es ab und zu mal anfassen, aber das war es dann auch schon.
So eine Signatur oder Personalisierungsseite kann aus einem anonymen Buch ein persönliches Geschenk machen – und wer Geschenke so verachtet, dass er sie auf Warez-Seiten stellt, dem ist sowieso nicht mehr zu helfen.
Wasserzeichen – ein sanfter Kopierschutz
Wasserzeichen verhindern keine Raubkopien. Das ist schon mal Fakt. Sie gehören zur Gruppe der weichen Kopierschutzmaßnahmen. Taucht ein markiertes Exemplar in einer Tauschbörse auf, steht die Quelle gleich mit drin und ermöglichen juristische Maßnahmen gegen den ursprünglichen Raubkopierer. Diese Tatsache wird jemanden, der sonst gedankenlos die Datei hochlädt, vielleicht davon abhalten, das zu tun. Zwar lässt sich ein Wasserzeichen auch wieder entfernen – das erfordert aber schon etwas technisches Verständnis. Nur, wer das hat, den schrecken auch härtere Kopierschutzmethoden nicht ab.
Die Praxis – Einfügen einer Personalisierungsseite oder eines Wasserzeichens ins eBook
Voraussetzung für die Personalisierung sind zwei Dinge: eine nicht DRM-geschützte epub-Datei und der epub-Editor Sigil. Sigil ist ein kostenloses Programm zur Bearbeitung von epub-Dateien. Du kannst es hier herunterladen und nach der Installation starten.
Die einfache Variante
Nachdem du die epub-Datei über Datei –> Öffnen geladen hast, solltest du den Hauptbildschirm sehen, der ungefähr diesem Screenshot gleicht:
In der linken Spalte kannst du die einzelnen Dateien sehen, die das eBook enthält (in diesem Fall ist jedes Kapitel eine eigene Datei; das kann bei anderen Büchern anders aussehen). Ich habe die Datei gewählt, die die Titelseite enthält und die in der mittleren Spalte automatisch zum Bearbeiten geöffnet wurde. Im Beispiel habe ich den kurzen Satz: „Persönliches Rezensionsexemplar für [REZENSENT]“ eingefügt. Wobei [REZENSENT] natürlich durch den richtigen Namen ersetzt wird.
Du kannst hier natürlich auch richtig kreativ sein. Gerade wenn dein Buch als Preis für ein Gewinnspiel rausgehen soll, kannst du noch ein paar persönliche Worte an den Gewinner einfügen. Das ist dann wirklich eine persönliche Note, die dich als Autor dem Leser näher bringt.
Anschließend brauchst du der Datei über Datei –> Speichern als … nur noch einen neuen Namen zu geben und zu sichern. Es geht auch Datei –> speichern, aber stell dir mal vor, du willst mehrere Exemplare verschicken und verwechselst irgendwo die Bücher. Nichts ist peinlicher als eine persönliche Note mit dem falschen Namen …
Die fortgeschrittene Variante
So eine deutlich sichtbare Personalisierung kann natürlich genauso leicht entfernt werden, wie sie eingefügt wurde. Wenn du nicht möchtest, dass der Empfänger mitbekommt, dass sein Buch markiert ist, dann kannst du seinen Namen in die Metadaten einfügen. Das ist dann eher eine Maßnahme, um später die Quelle von Raubkopien aufzuspüren und keine Personalisierung in dem Sinne, wie ich sie oben beschrieben habe.
Wenn die epub-Datei in Sigil geladen ist, lässt sich über F8 der Metadaten-Editor öffnen (falls du zur Mausschubser-Fraktion gehörst: Werkzeuge –> Metadaten-Editor …) . Der sieht so aus:
Über die Schaltfläche „Rolle hinzufügen“ wird eine Liste mit Metadaten-Feldern angezeigt, die du deinem Buch hinzufügen kannst. Wähle eine aus, die dir passend erscheint; ich habe Recipient (also Empfänger) ausgewählt. In der Tabelle kannst du dann den entsprechenden Wert zuweisen. Dort, wo im Screenshot REZENSENT steht, sollte der eigentliche Name hinkommen.
Den Dialog brauchst du nur mit OK bestätigen und die epub-Datei wieder abzuspeichern, das war’s dann auch schon.
Update, 26. Januar 2015: Matthias hat mit „Watermark“ ein Tool vorgestellt, mit dem sich ePub-eBooks ganz einfach personalisieren lassen.
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Der Autor
Matthias Czarnetzki begann als Banker, wurde Journalist und studierte Informatik, bevor er feststellte, dass Schriftsteller mehrere Leben führen können, aber nur für eins Steuern zahlen müssen. Außerdem bietet er für Autoren und Verlage einen Komplett-Service rund ums Erstellen, Konvertieren und Veröffentlichen von eBooks an – und ja, auch das Einfügen von Wasserzeichen gehört dazu.
Mehr Informationen gibt es auf seinem Blog mczarnetzki.de.
Mehr Informationen über seine sympathische, intelligente und zu spontanen Gewaltausbrüchen neigende Bestatterin Lutetia Stubbs (Wenn keine Kundschaft kommt, muss man sie sich eben beschaffen!) gibt es auf ihrer Seite LutetiaStubbs.de.
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